Umstritten und ineffizient – Tanners Murks mit der Miliz

Für starke Worte ist Klaudia Tanner, ihres Zeichens Verteidigungsministerin, immer zu haben. Ihre vollmundige Ankündigung, „Airbus wird mich noch kennenlernen!“, die sie im Zuge des Eurofighter-Schmiergeldskandals zum Besten gegeben hat, war ein lupenreiner Bauchfleck. Nun, in der Corona-Krisenzeit, stolpert Tanner erneut dahin. Diesmal beim Milizeinsatz. Aus einer avisierten Vollmobilisierung, wie sie einmalig in der zweiten Republik hätte werden sollen, wurde eine abgespeckte Teilmobilisierung von Freiwilligen. Pikantes Detail: Erst nach über zwei Monaten waren die ersten Milizsoldaten einsatzbereit – da war der Höhepunkt der COVID 19-Pandemie jedoch schon lange überschritten. Dies sorgte auch heeresintern für Fassungslosigkeit und Kopfschütteln.

Stellen wir uns folgendes Szenario vor: Global ist eine Pandemie ausgebrochen, die sich in Windeseile verbreitet. Österreich bleibt davon nicht verschont. Nun gilt es die kritische Infrastruktur (Gesundheit, Wasser, Energie, Telekommunikation etc.) zu bewachen, die Grenzen zu sichern und Güter- bzw. Lebensmitteltransporte zu beschützen. Für all diese Aufgaben braucht es ausreichend qualifiziertes Personal. Da es jedoch zu wenige Soldaten und Polizeieinsatzkräfte in Österreich gibt, muss die Miliz des österreichischen Bundesheeres herangezogen werden. Die Verteidigungsministerin stellt sich daraufhin vor die versammelte Presse und verkündet stolz die „Vollmobilisierung“ aller Milizkräfte. Knapp zwei Monate später, als die Pandemie schon längst ihren Höhepunkt überschritten hat, die Gasthäuser aufgesperrt haben und von einer historischen Mobilisierung schon lange keine Rede mehr war, begrüßt Klaudia Tanner die ersten eingerückten Freiwilligen in der Kaserne. Zeitverzögert kommt hinzu, dass die Milizsoldaten noch eine zweiwöchige Ausbildung durchlaufen müssen, bevor sie überhaupt eingesetzt werden können.

Dieses Szenario ist leider traurige Realität und hat sich dieses Jahr in der Zeit vom 18. März bis 4. Mai in Österreich ereignet. Während im Nachbarland Schweiz die Milizionäre innerhalb von nur drei Tagen ihre Schlagkraft im Corona-Krisenfall bereits unter Beweis stellen konnten, vergingen in Österreich Wochen. Dies liegt keinesfalls am Österreichischen Bundesheer oder an der Miliz, die ihrerseits vorbildlich agiert haben. Für dieses Versagen tragen vielmehr die Ministerin und der Kanzler die Verantwortung. Diese waren stolze zwei Monate mit der Planung und Einberufung beschäftigt. Eine prominente Stimme, der Präsident des Interessensverbands Miliz, spricht diesbezüglich gar von einem Skandal.

„Nun stelle man sich vor, unsere Polizei, unsere Soldaten, unsere Grundwehrdiener und unsere Zivildienstleistenden, die allesamt eine hervorragende Arbeit in der Hochblüte der Corona-Krise und auch danach gemacht haben, würden das gleiche Arbeitstempo wie die Regierung an den Tag legen. Dann hätte Österreich ein ernsthaftes Problem. Man möge sich gar nicht ausdenken, was bei einem mehrtägigen Blackout (Stromausfall, der auch die kritische Infrastruktur lahmlegt), wo es keine Vorlaufzeit gibt, passiert. Es gibt überhaupt keinen Einsatzplan für die Miliz. Das ist absolut verantwortungslos und gefährlich. Es wäre daher an der Zeit, dass die Verteidigungsministerin schnell in die Gänge kommt und weniger markige Sprüche absondert!“, so SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer.

Dass es von Milizsoldaten bereits Beschwerden über mangelhafte Ausrüstung und fehlende Befugnisse in Richtung Regierung gegeben hat, rundet das Bild einer überforderten Verteidigungsministerin ab. Daher braucht es einen Paradigmenwechsel, der eine einsatzfähige Miliz garantiert. „Ein erster Schritt wären verpflichtete Übungen, um gerade in instabilen Zeiten bestmöglich für den Ernstfall vorbereitet zu sein. Die Miliz ist ein wesentlicher Bestandteil des Österreichischen Bundesheeres. Ohne Miliz wäre das Heer ein schlichter Torso, der quantitativ nicht in der Lage wäre, zum Beispiel bei einem österreichweiten Blackout, eine umfassende Sicherheitsstruktur aufrechtzuerhalten. Neben einem Paradigmenwechsel gilt es auch das gesamte Bundesheer – vom Grundwehrdiener über die Miliz- und Berufssoldaten bis hin zu den Zivilbediensteten – bestmöglich auszustatten und ihnen mehr Wertschätzung entgegenzubringen. Sie alle sind für die Sicherheit unseres Landes in hohem Maße mitverantwortlich und immer für die Republik da, wenn man sie braucht. Daher müssen diese helfenden Hände und Köpfe auch die dementsprechenden Rahmenbedingungen vorfinden. Dafür ist die Politik verantwortlich. Sie, allen voran die Regierung und die Verteidigungsministerin, muss hier ihre Sorgfaltspflicht erfüllen!“ bekräftigt der Abgeordnete aus Niederösterreich.

Die bisherige Arbeit von Klaudia Tanner ist unter keinem glücklichen Stern gestanden. Daher bietet sich ihr jetzt ein günstiges Zeitfenster. Sie könnte nämlich sofort ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen und der „2 Klassen-Besoldung“ beim Österreichischen Bundesheer den Garaus machen. „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist bei der Miliz ein Fremdwort. So erhalten freiwillige Waffenübende im Gegensatz zu Wehrpflichtigen im Einsatzpräsenzdienst um bis zu 50% weniger Vergütung. Das ist nicht akzeptabel. Dass diese Ungleichbehandlung nicht sehr motivationsfördernd ist, versteht sich von selbst!“, so Wehrsprecher Robert Laimer, der erst kürzlich zu Besuch bei der Einsatzvorbereitung der 3. Jägerbrigade in der Kaserne in Mautern (Niederösterreich) war und mit Milizsoldaten über deren Anliegen gesprochen hat.

Sollte sie das Problem nicht lösen und der Unmut im Österreichischen Bundesheer weiter steigen, so könnte Klaudia Tanner bald dasselbe Schicksal wie die glücklose Ex-Kulturstaatssekretärin ereilen.

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