Wahl-Analyse St. Pölten
Die Landeshauptstadt bleibt rot, der Bezirk türkis
Die SPÖ bleibt in der Landeshauptstadt die klare Nummer eins. Die FPÖ rückt ihr aber gefährlich nahe. Die ÖVP musste auch hier eine schwere Niederlage einstecken und fiel auf den dritten Platz zurück. Besser lief es für die ÖVP im Bezirk: Hier hielt sie trotz deutlicher Verluste den Spitzenplatz. Im Nationalrat wird St. Pölten künftig vielleicht sogar von fünf Abgeordneten vertreten sein.
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Die Stadt St. Pölten ist der letzte rote Fleck in der Bezirksgrafik Niederösterreichs - zumindest vor der Auszählung der letzten Briefwahlstimmen. Mit 27,9 Prozent bleibt die SPÖ hier doch noch relativ klar in Front. Die FPÖ katapultierte sich mit einem Plus von 11,3 Prozentpunkten auf nunmehr 26,3 Prozent. Für die ÖVP setzte es auch in der Landeshauptstadt ein Debakel: Sie stürzte um 9,1 Prozentpunkte ab und ist mit 22,0 Prozent nur mehr die drittstärkste Kraft. Wenig Grund zum Jubeln gab es auch bei den Grünen, die nur mehr 8,8 Prozent der Stimmen erhielten und damit mehr als ein Drittel der Stimmen einbüßten. Zweiter Wahlgewinner sind auch in der Stadt die NEOS: Sie kletterten von 7,4 auf 8,1 Prozent.
Anders ist die Polit-Landschaft im Bezirk: Mit 29,1 Prozent holte die ÖVP erneut Platz eins - mit minus 12 Prozentpunkten fiel der Absturz aber noch deutlicher als in der Stadt aus. Große Wahlgewinnerin war auch hier die FPÖ: Sie legte um 12,9 Prozentpunkte auf 28,3 Prozent zu. Anders als in der Stadt konnte die SPÖ im Bezirk zulegen - wenn auch nur magere 1,0 Prozentpunkte auf 19,6 Prozent. Die NEOS überholten mit 8,9 Prozent im Bezirk die Grünen, die diesmal nur mehr auf 8,2 Prozent kamen.
Stadler: „Wer streitet, gewinnt keine Wahlen“
Für den St. Pöltner Bürgermeister Matthias Stadler, der auch SPÖ-Bezirksvorsitzender ist, zeigte diese Wahl einmal mehr, dass die Menschen regional doch unterschiedlich wählen. Das schwache Abschneiden der SPÖ sieht Stadler als Folge des nach wie vor schwelenden innerparteilichen Konflikts: „Es wäre mehr interne Einigkeit möglich gewesen“, formuliert es Stadler diplomatisch. Angesichts des Wahlsieges der FPÖ hofft er, dass die „demokratischen Rechte gewahrt bleiben und auch das, was international vereinbart ist.“
Was die Zukunft der SPÖ angeht, will Stadler keine Obmann-Debatte eröffnen. Aber: „Ich denke, dass wir uns rasch etwas überlegen müssen, damit wir nach außen wieder geschlossen auftreten. Das hat die SPÖ immer stark gemacht. Wer streitet, gewinnt keine Wahlen.“ Auch punkto Regierungsbeteiligung hat Stadler klare Vorstellungen: „Die SPÖ ist gut beraten, in dieser schwierigen Situation Verantwortung zu übernehmen und als Teil einer stabilen Regierung mitzuregieren.“
Als „sehr erfreulich“ bewertet Stadler die gestiegene Wahlbeteiligung. Und er bedankt sich auch gleich bei allen Wahl-Helferinnen und Wahl-Helfern: „Trotz Hochwasserkatastrophe und Krankheitswelle konnten alle Wahllokale in St. Pölten besetzt werden.“
Bei der ÖVP zeigt man sich angesichts der Umstände nicht unzufrieden mit dem Ergebnis. „Das Ergebnis ist durchwachsen“, meint Bezirksobmann Fritz Ofenauer: „Wir hätten noch ein, zwei Wochen gebraucht, um die FPÖ zu überholen.“ Positiv stimmt ihn das Ergebnis in seiner eigenen Gemeinde Markersdorf-Haindorf: Dort blieb die ÖVP die stärkste Kraft - trotz starker Verluste. „Auch die Vorzugsstimmen für mich sehe ich als Wertschätzung“, betont Ofenauer. Für die Zukunft verspricht er, dass die ÖVP mit der Kraft der Mitte an der Lösung von konkreten Problemen weiterarbeiten werde.
FPÖ-Antauer: „Wir dürfen die Wähler jetzt nicht enttäuschen“
„Überglücklich“, zeigt sich FPÖ-Bezirksobmann Martin Antauer: „Der Wähler hat entschieden und die dürfen wir jetzt nicht enttäuschen.“ Bereits im Wahlkampf sei die Stimmung ganz klar für die FPÖ gewesen: „Ich bedanke mich beim gesamten Team für diesen Einsatz.“ Nun sei die FPÖ bereit, Regierungsverantwortung zu übernehmen - allerdings nur mit Herbert Kickl an der Spitze: „Die von außen versuchte Spaltung werden wir nicht zulassen.“
Stadt und Bezirk St. Pölten werden künftig wieder mit Abgeordneten im Nationalrat vertreten sein. Neben Elisabeth Götze (Grüne) und Fritz Ofenauer (ÖVP) wird das wieder Robert Laimer (SPÖ) sein. Laimer bewertet das Ergebnis als „ernüchternd“. Die Impfpflicht habe als Wahlmotiv vermutlich ebenso eine Rolle gespielt wie die Zuwanderung und die damit verbundenen Engpässe in der Infrastruktur. Laimer: „Diese Entwicklungen sorgen bei vielen Menschen für Zorn und Aggressivität. Damit sind sie bei der FPÖ natürlich gut aufgehoben.“ Wichtigere Themen wie Gesundheitspolitik oder der Kampf gegen die Teuerung seien leider von den Wählerinnen und Wählern wenig beachtet worden.
Positiv stimmt ihn das Ergebnis der SPÖ in der Stadt St. Pölten sowie das SPÖ-Plus in Kickls Heimatgemeinde Purkersdorf: „Dort, wo man Kickl kennt, wählt man ihn offensichtlich nicht.“
Harald Servus voraussichtlich neu im Nationalrat
Über die Landesliste neu dazu kommen wir Harald Servus (ÖVP). „Jetzt heißt es mal, das endgültige Ergebnis abzuwarten. Sollte ich in den Nationalrat kommen, werde ich auf jeden Fall eine starke Stimme für die Wirtschaft und für mehr Wohlstand im Land und in unserer Region sein.“ Punkto Koalitionen legt sich Servus nicht fest, einzig eine Koalition mit der FPÖ unter Herbert Kickl schließt er aus. „Letztlich geht es darum, mit welchen Parteien wir inhaltlich die größten Schnittmengen finden und unser Programm umsetzen können. Wichtig ist, dass die nächste Regierung maximale Stabilität und maximale Umsetzungskraft hat.
Christian Brenner von der FPÖ könnte fünfter Abgeordneter für die Region werden
Möglich ist, dass es für den Bezirk St. Pölten einen weiteren Abgeordneten gibt: Gute Karten dafür hat Christian Brenner, freiheitlicher Stadtrat in Wilhelmsburg. Die FPÖ legte dort um 13,4 Prozentpunkte zu und holte sich mit 31,4 Prozent klar den ersten Platz - vor der SPÖ, die auf 26,9 Prozent fiel. Die ÖVP holte nur mehr 22,8 Prozent.
Gut ist die Stimmung bei den NEOS in Stadt und Bezirk. „Das Ergebnis ist erfreulich, weil wir mit einem klaren Reformkurs weiter wachsen – auch in St. Pölten, wo wir in Stimmen und Prozent zulegen konnten“, betont Niko Formanek, Gemeinderat in der Stadt St. Pölten. Jetzt gelte es, Verantwortung zu übernehmen und Österreich mit klaren Reformen und Erneuerungsschritten positiv zu verändern.
Ernüchtert zeigt sich Grüne-Bezirksobfrau Elisabeth Götze, die als Nationalratsabgeordnete auch Landes-Spitzenkandidatin war, trotz der mäßigen Prognosen auf ein besseres Wahlergebnis gehofft hatte: „Wir sind nach wie vor bereit, Verantwortung zu übernehmen.“ Sie werde im Nationalrat jedenfalls weiterkämpfen. Denn es brauche starke Grüne, um Maßnahmen gegen die Klimakrise zu setzen. „Wir haben in den vergangenen Jahren viel erreicht, etwa bei der Reduzierung der Treibhausgasemissionen, aber auch bei den Renaturierungsmaßnahmen.“ Dass Maßnahmen wie die Abschaffung der kalten Progression von den Menschen nicht als Entlastung wahrgenommen wurden, sei bedauerlich, aber: „Wir Grüne sind Krisen gewöhnt und haben uns schon einmal in einer sehr schwierigen Zeit zurückgekämpft.“
Quelle: https://www.noen.at/st-poelten/wahl-analyse-st-poelten-die-landeshauptstadt-bleibt-rot-der-bezirk-tuerkis-441779584