Flagge am Bundeskanzleramt absolut falsches Signal

Ich habe heute – im Zuge der Nationalratssitzung – im EU-Hauptausschuss Stellung zur Eskalation im Nahen Osten bezogen und gleichzeitig klare Worte zum Hissen der israelischen Flagge am Bundeskanzleramt gefunden. Hierzu hat auch Bundespräsident a.D., Dr. Heinz Fischer, einen sehr lesenswerten Gastkommentar in der „Wiener Zeitung“ geschrieben, den ich hiermit allen ans Herz legen möchte.

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Meine Rede richtete sich vor allem an den Bundeskanzler, der, statt den neutralen Status Österreichs zu achten und den besonnenen rot-weiß-roten Weg der diplomatischen Friedensbemühungen zu wählen, einseitig Partei ergriffen hat. Sebastian Kurz hat mit dieser Aktion für erhebliche Irritation in Österreich sowie auf dem internationalen Parkett gesorgt. Gerade in so kriegslüsternen Zeiten, in denen jede Konfliktlösung zum Erhalt von Leben beitragen kann, sollten daher keine unbedachten Schnellschüsse erfolgen.

Die Republik Österreich ist ein international renommierter Staat, der bedeutende Organisationen wie die UNO, die OSZE, die OPEC oder die IAEA beheimatet. In Österreich schließt man Frieden und beendet Kriege. Das ist Tradition. Das ist unsere Bestimmung. Kurz gefährdete mit seiner unüberlegten Aktion jedoch unsere Position als Vermittler und Ort für (Friedens-)Verhandlungen. Hinzu kommt, dass er dieses symbolische Zeichen ausgerechnet einen Tag vor dem Jahrestag der Unterzeichnung des Staatsvertrages gesetzt hat.

Unser Bild in der Welt ist, seit dem Staatsvertrag von 1955, die des neutralen Vermittlers und Beobachters mit kritischer Distanz zu Konflikten und Kriegen. Der österreichische Boden diente in den letzten 66 Jahren vielen Friedensverhandlungen und war oftmals der Beginn von Aussöhnungsprozessen – insbesondere, wenn wir rückblickend und über die Parteigrenzen hinweg an den großen Staatsmann Dr. Bruno Kreisky denken.

Nachdem Herr Kurz im Bundeskanzleramt im sogenannten „Kreisky-Zimmer“ sitzt, wäre eigentlich zu erwarten, dass er mehr im Sinne eines neutralen, bündnisfreien Österreich agiert und Politik im Geiste eines Bruno Kreisky, eines Leopold Figl oder eines Julius Raab betreibt. Denn Österreichs Stärke liegt in der Vermittlung der Aussöhnung von Streitparteien und damit in der Friedenssicherung. Mit der Symbolpolitik von Kurz hat die türkise ÖVP diesen traditionsreichen und erfolgreichen Weg österreichischer Diplomatie verlassen.

Nicht mitgespielt bei dieser Idee hat jedoch der Herr Bundespräsident, wie wir der Presse entnehmen konnten. Der Präsident hat seinem Amtskollegen in Israel Solidarität ausgesprochen, aber auch die zivilen Opfer auf palästinensischer Seite beklagt. Eine Flaggen-Aktion auf der Hofburg hat er zurecht abgelehnt. Nicht abgelehnt hat indes der Außenminister. Somit ist darauffolgend ein wichtiges Treffen mit dem iranischen Amtskollegen, wo es um die Atomverhandlungen gegangen wäre, unmöglich geworden. Ein großer internationaler Fauxpas von Schallenberg.

Meine klaren Worte an Kurz und Schallenberg lauten: In essentiellen außenpolitischen und sicherheitspolitischen Fragen müssen die Regierungsverantwortlichen „rot-weiß-rot“ handeln und dürfen nicht für billiges türkises Kleingeld unsere Vermittlerrolle in der Welt beschädigen.

Gleichzeitig mit der Flaggen-Aktion boykottierte die gesamte ÖVP die jährliche Befreiungsfeier in Mauthausen am vergangenen Sonntag. Anstatt am Gedenken für das größte Verbrechen an der Menschheit – der industriellen Massenvernichtung von Menschen – teilzunehmen, werden billige Ausreden gesucht, um fernzubleiben. Was für eine Inkonsequenz, die sich hier auf türkiser Seite offenbart.

Abschließend sei gesagt, auch wenn der „Osloer-Friedensprozess“ eine Galaxie entfernt scheint, sollen und dürfen wir den Glauben an die Zwei-Staaten-Lösung – im Geiste von Jitzchak Rabin, Schimon Peres, aber auch Jassir Arafat – nicht aufgeben.

Einer der geistigen Väter der „Oslo-Verträge“ war niemand geringerer als der Österreicher und Jude Bruno Kreisky. Darauf bin ich als Österreicher noch heute stolz. Darauf müssen wir aufbauen!

Gastkommentar von Dr. Heinz Fischer: http://www.wienerzeitung.at/.../2104456-Einseitigkeit-auf...

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