Eine aktive rot-weiß-rote Neutralitätspolitik, die Stellung bezieht
Ich habe dieser Tage einen Gastkommentar für das Magazin „INTERNATIONAL – Die Zeitschrift für internationale Politik“ (Ausgabe II/2022) verfassen dürfen. Herzlichen Dank für die Möglichkeit, dass ich in dem Medium so prominent zum Thema „Neutralität Österreichs“ Stellung beziehen durfte. Nachstehend findet sich ein kleiner Ausschnitt meines Gastkommentars.
Mehr zum Magazin „INTERNATIONAL“ und zu meinem Kommentar unter: www.international.or.at
Eine aktive rot-weiß-rote Neutralitätspolitik, die Stellung bezieht
Seit dem 24. Februar sind wir alle Zeuginnen und Zeugen eines schrecklichen Angriffskrieges auf ein souveränes Land. Bis vor kurzem war das Szenario, dass im Osten Europas Raketen abgefeuert werden und unschuldige Zivilisten ihr Leben lassen, nicht vorstellbar. Unsere vollste Solidarität gilt daher der ukrainischen Bevölkerung und unser tiefes Mitgefühl gilt den Opfern des Krieges. In dieser Situation wird Österreich natürlich seinen Beitrag leisten. Wir engagieren uns umfassend im Rahmen der humanitären Hilfe und tragen die Sanktionen mit, um zu einem raschen Ende des Krieges beizutragen.
Vorweg ist es wichtig klarzustellen: Österreich ist ein neutrales Land und das soll es auch bleiben. Aber Österreich hat eines nie gemacht: geschwiegen, wenn Unrecht geschehen ist oder wenn Völkerrecht gebrochen wurde. In der Vergangenheit hat Österreich immer deutlich Stellung bezogen. 1956, 1968 und auch jetzt – 2022 – schweigt Österreich nicht. Denn Recht muss Recht bleiben, Gewalt darf Recht niemals ersetzen, unabhängig von der Stärke des Gegners.
Die gesamte freie Welt hat diesen kriegerischen Akt Russlands auf die Ukraine, ein souveränes Land, aufs Schärfste verurteilt. Die frontale Attacke auf Frieden und Sicherheit, auf Zusammenarbeit und Völkerverständigung betrifft uns alle. Daher hat die Europäische Union auch schnell entschlossen und geschlossen reagiert, was das Potenzial einer geeinten EU deutlich gemacht hat. Die Gewalt muss so rasch wie möglich gestoppt werden und es muss einen Weg in den Frieden geben.
Österreich hat keine militärische Macht. Unsere Stärke ist die Dialogfähigkeit. Und aus dieser Position heraus, kann, soll und muss unser Land einen größeren Beitrag für den Frieden in Europa und auf dieser Welt leisten – als Gesprächspartner, den man in der internationalen Staatengemeinschaft respektiert und anerkennt. Dieser Respekt fällt allerdings nicht vom Himmel, wir müssen ihn uns immer aufs Neue erarbeiten. Ein alleiniger Verweis auf die außenpolitischen Verdienste Österreichs – dabei wird zurecht immer wieder die Kreisky’sche Außenpolitik erwähnt – reicht nicht aus.
Damals wie heute hat uns die Neutralität nie daran gehindert, Stellung zu beziehen, zu sagen was ist. Denn Neutralität bedeutet eben nicht, wertneutral zu sein. „Neutralität ist“, um es mit den Worten unseres Bundespräsidenten a.D. Heinz Fischer zu sagen, "Ausdruck einer Friedensgesinnung, Ausdruck der Überzeugung, dass Probleme durch Krieg nicht gelöst, sondern nur verschärft und verschlimmert werden“.
Wo unser Platz in der Welt liegt, ist klar: Österreich ist Teil der freien, westlichen Staatengemeinschaft sowie Teil einer europäischen Wertegemeinschaft für die Demokratie und Freiheit das zentrale Fundament darstellen. Als am Ende des Zweiten Weltkrieges unmittelbar ein intensiver diplomatischer Reigen in Gang gesetzt wurde, der ein freies und geeintes Österreich zum Ziel hatte, war es niemand geringerer als Karl Renner, der in intensivem Austausch mit den Besatzungsmächten bei jeder Gelegenheit – auch gegenüber Stalin – eine klare demokratische und ökonomische Westorientierung Österreichs betont hat.
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