Parlamentsrede zum “Krieg in Europa” im Original-Wortlaut

Frau Präsidentin!

Herr Bundeskanzler!

Regierungsmitglieder!

Meine Damen und Herren!

 

Krieg ist immer die größte Niederlage der Menschheit. Nun ist die europäische Tragödie eingetreten, deren Ausmaß weder vorstellbar noch absehbar ist. Wie viele Akte diese Tragödie schreiben wird, das wird die Zukunft Europas bestimmen. Krieg bedeutet immer eine hohe Anzahl an Toten und besonders Elend für die Zivilbevölkerung, humanitäre Hilfe ist daher selbstverständlich - analog zu den Krisen ČSSR 1968 und Ungarn 1956.

 

Meine Damen und Herren!

Aktive diplomatische Handlungen zur Deeskalation müssen oberste Priorität bleiben. Die Situation ist dramatisch, aber das nunmehr leider auch denkbare Worst-Case-Szenario, ein massiver konventioneller Krieg in Europa, muss mit allen politischen, diplomatischen und wirtschaftlichen Mitteln verhindert werden. Die OSZE mit ihrem Sitz in Wien ist mit all unseren Expertisen massiv zu unterstützen. Das fordern wir seit Wochen ein.

 

Meine Damen und Herren!

Das an Frieden gewöhnte Europa steht einer anderen, leider entschlossenen Mentalität gegenüber, aber die Bundesregierung muss alles Erdenkliche tun, um von unserer Bevölkerung, der kritischen Infrastruktur sowie der heimischen Wirtschaft Schaden abzuwenden. Wir brauchen schon längst dokumentierte Notfallpläne für Blackouts sowie für Engpässe in der Energieversorgung. Unsere Kommunen brauchen die von der SPÖ geforderten Resilienzmanager. Warum passiert da nichts?

Wir brauchen kein Krisenkabinett, sondern das von der SPÖ eingemahnte, seit mehr als einem Jahr geforderte gesamtstaatliche Krisen- und Lagezentrum, um uns stets mit aktuellen Lagebildern versorgen zu können. Seit dem furchtbaren Terroranschlag ist das eigentlich eine logische Konsequenz.

Was wir nicht brauchen, sind eilig herbeihastende Ad-hoc-Teams, vielmehr brauchen wir eine robuste institutionelle gesamtstaatliche Struktur. Unser Land muss gegen äußere Bedrohungen, aber auch gegen innere Gefahren widerständig werden, 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr.

 

Wir brauchen aber auch Maßnahmen gegen Desinformation. Wir müssen wissen, wer versucht, uns zu manipulieren. Die aktuelle Krise zeigt, wie wichtig Vorsorge in Fragen der Sicherheit ist. Wir müssen die Mittel für das Bundesheer erhöhen, um die Bevölkerung zu schützen und schützen zu können, um politische Entscheidungsträger mit den notwendigen Informationen auch objektiv zu versorgen, denn spätestens im Krieg hört die Wahrheit auf – und ich verhehle nicht: die Wahrheit auf beiden Seiten.

Unsere strategische Aufklärung, das Heeresnachrichtenamt, kämpft seit Jahren mit Personalmangel, und nun sollen auch Prämien für diese aufopfernde Tätigkeit gekürzt werden. Das ist unverantwortlich.

 

Während die ÖVP den Nachrichtendienst im Innenministerium munter weiter schwärzt, wird bei der militärischen Aufklärung leider gespart. Österreich muss sich seine Unabhängigkeit im Informationskrieg behalten. Wir brauchen die besten IT-Experten. Datenwahrheit wird zu einer sehr harten Währung.

Aber was bedeutet dieser Konflikt für die einfachen Arbeiter und Angestellten?

Die Menschen interessieren sich oft weniger für geopolitische Machtstrukturen, die Politik muss auf Fragen reagieren. Wird der Benzinpreis noch teurer? Ja, wird er. Die Heizkosten werden astronomisch ansteigen. Wie können die Kostenexplosionen zumindest teilweise kompensiert werden? Diesbezüglich fehlen mir aufseiten der Regierung die Entschlossenheit und leider auch die nötige Empathie.

 

Viele fragen sich: Verliere ich womöglich meinen Job, wenn Sanktionen verhängt werden, weil das Unternehmen nach Russland exportiert? Wird die Gasversorgung unterbrochen? Wird auch die Industrie beschädigt? Sind unsere Wirtschaftsbetriebe ausreichend geschützt?

Die Regierung soll aufklären, was der Konflikt für die Bevölkerung in unserem Land bedeutet. Die Regierung soll erklären, was sie bis dato geleistet hat, um weitere Eskalationen zu verhindern. Es war die SPÖ, die Ende Jänner den Nationalen Sicherheitsrat einfordern musste.

Herr Bundeskanzler, etablieren Sie als Regierungschef endlich ein multifunktionales, ein gesamtstaatliches Krisen- und Lagezentrum, und zwar im Bundeskanzleramt und nicht in irgendeinem Bunker im Innenministerium.

 

Meine Damen und Herren!

Es lebe die demokratische Republik Österreich und seine immerwährende Neutralität. Danke.

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Wir schlittern unvorbereitet von einer Krise in die nächste