„Es lebe die soziale Demokratie!“

„Politisiert“ wurde ich bereits in meiner Kindheit, und zwar durch Erzählungen meiner Großmutter (Jahrgang 1905). Anna Laimer erlebte den Ersten Weltkrieg als Kind und den Zweiten Weltkrieg als erwachsene Frau. Diese Zäsuren „stahlen ihr nicht nur Kindheit und Jugend, auch ihr Erwachsenenalter war bis zum 40. Lebensjahr von Zwischenkriegs- und Kriegszeit geprägt.“

Die Losung – NIE WIEDER KRIEG! NIE WIEDER FASCHISMUS! – hat sie deutlich und detailliert auf mich übertragen. Ihre Erzählungen haben mich nachhaltig geprägt und sind wichtiger Bestandteil meiner politischen Arbeit.

Mit dem 80. Geburtstag meiner Großmutter habe ich die ehrenvolle Aufgabe von ihr übernommen die Mitgliedsbeträge der SPÖ bei den Parteimitgliedern einzuheben. Hier habe ich viele ältere Frauen und Männer kennengelernt, die viel aus ihrem Arbeitsleben zu erzählen wussten. Gleichzeitig versprach ich ihr, mich Zeit meines Lebens für Demokratie und soziale Sicherheit einzusetzen. Ich denke, dieses Versprechen konnte ich bis dato einhalten.

Kind der Arbeiterklasse
Mein politischer Werdegang hat in der Stadt St. Pölten begonnen. Nach erfolgreichen Jahren in der Stadtpolitik (Gemeinde- bzw. Stadtrat) hat sich die Arbeit auf Bezirks-, Landes- (JG Vorsitzender) und Bundesebene (Stv. Bundesvorsitzender) verlagert. Seit 2017 bin ich Abgeordneter zum österreichischen Nationalrat.

Die Erfahrungen und Anforderungen der letzten 35 Jahre auf den unterschiedlichen politischen Ebenen bilden das „Fundament“ meiner politischen Arbeit. Dabei möchte ich besonders auf die kontinuierliche Stadtentwicklung in St. Pölten eingehen, die ich – gemeinsam mit den KollegInnen – sehr zielorientiert vorangetrieben habe: von der industriell geprägten Arbeiterstadt, einer Eisenbahnerstadt, über die Hauptstadtwerdung und der Hauptstadtentwicklung zur Europäischen Kulturhauptstadt 2024.

Für mich ist die Zugehörigkeit zur „Arbeiterklasse“ als Sohn eines Eisenbahners und einer Krankenschwester Verpflichtung und „Ehre“. Die Arbeiterklasse gibt es nach wie vor. Es gibt sie allerdings nicht mehr im Kollektiv der Industrie-Ära, sondern vielmehr in vielen kleineren Einheiten, sei es in der Dienstleistung oder der modernen Industrie. Die Spannungen zwischen Arbeit und Kapital sind jedoch aufrecht, analog der frühindustriellen Phase vor mehr als 150 Jahren.

Zukunft der Arbeit

Die „Zukunft der Arbeit“, Stichwort Digitalisierung, ist – neben der Klima-Erhitzung und der Pflege & Betreuung – die größte Herausforderung. Während Vollautomatisierung und Robotik die Arbeitsplätze in den nächsten Jahren drastisch reduzieren werden, beschließt die türkis-blaue Regierung einen „12 Stunden-Tag“ und die „60 Stunden-Woche“, anstatt die Reduzierung der Arbeitszeit auf 30 Stunden, bei vollem Lohnausgleich, anzudenken!

Der gesetzliche Mindestlohn von EUR 1.700,- NETTO ist zum Erhalt der Sozialen Sicherheit sowie zur Erhaltung der persönlichen Freiheit unumgänglich. Der 10 Euro-Stundenlohn muss im 21. Jahrhundert JEDE Arbeit wert sein – vor allem auch deshalb, um die Neiddebatte zwischen sozialen Transferleistungen (Sozialhilfe) und Erwerbsarbeit zu entschärfen!

Arbeit ist ein wichtiger Teil, in Bezug auf die Würde der Menschen. Daher muss sie gerecht verteilt werden - quantitativ sowie monetär. Wichtig anzumerken ist, dass die Gehaltsschere zwischen Arbeiter und Konzernmanager mittlerweile bis zu 1 : 1.000 beträgt und den gesellschaftlichen Zusammenhalt massiv in Gefahr bringt! Je nach Dynamik der Digitalisierung ist auch die Diskussion über ein bedingungsloses Grundeinkommen zu diskutieren bzw. anzudenken.

Demokratie und Meinungsfreiheit
Freie Meinungsentfaltung kann sich nur in einer Demokratie entwickeln und entfalten, dazu gehört der Austausch von Meinungen und Diskurs. Eine Demokratie ist ohne Diskussion jedoch nicht denkbar, auch wenn diese in einem „heftigen verbalen Schlagabtausch“ mündet.

Der Prozess der Diskussion und des gegenseitigen Austausches wird in meiner politischen Heimat, der SPÖ, ernst genommen und gelebt. Besonders in den Jugendorganisationen – Sozialistische Jugend und Junge Generation – konnte ich in vielen, auch unzähligen Nachtsitzungen den Austausch von Argumenten und Positionen erfahren. Natürlich war es in den 1980er Jahren noch eine Zeit ohne Soziale Medien. Der Fokus des politischen Diskurses lag auf „face to face“ oder Schriftstücke (Briefe).

Klima- und Umweltschutz
Klimaschutz muss zur sozialen Frage erklärt werden! Warum? Weil es gerade im städtischen Bereich – oftmals in Mietwohnungen ohne Balkon und Klimagerät – zunehmend in den Sommermonaten besonders ungemütlich sein wird, aber auch in vielen Büros und Werkstätten.

Unser heutiges Verhalten und Tun wird über die Zukunft der nächsten Generationen entscheiden. Die Frage ist: Hinterlassen wir eine lebenswerte, gesunde Welt, bauen wir den öffentlichen Verkehr aus (vom Land in die Stadt), verzichten wir auf Plastik und leben bewusst ressourcenschonend – oder hinterlassen wir einen klimatischen Super-Gau? Österreich und Europa haben hier eine Vorbildwirkung, um die gesamte Welt zu sensibilisieren – es gibt auch eine Zeit nach Trump.

Gesundheit, Pflege und Betreuung
Von umfassender Pflege sind derzeit 5 % der österreichischen Bevölkerung betroffen, also knapp 400.000 Menschen, Tendenz stark steigend. Wie organisieren wir humane Pflege unter Entlastung der Angehörigen und bester Versorgung unserer älteren Generation? Es ist eine staatliche Aufgabe, und zwar in staatlicher Verantwortung – das kann und darf nicht an die Angehörigen und auf Kosten der Patienten delegiert werden. Pflege muss im Sozialversicherungsbeitrag inkludiert werden!

Die Zerschlagung der Sozialversicherung bedroht die Gesundheitsversorgung der Menschen in Österreich. Der Umbau Richtung privater Krankenversicherung macht Sorgen in Hinblick auf die soziale Sicherheit. Ich war 20 Jahre in der NÖ Gebietskrankenkasse tätig und weiß daher um das bewährte System in unserer Republik, das durch parteipolitische Spiele, am Altar der türkisblauen Regierung, leider geopfert wird!

Migration und Fluchtbewegungen
Solange Waffen in Krisengebiete geliefert werden und Waffenkonzerne nach immer höheren Profiten streben, werden kriegerische Auseinandersetzungen nicht enden. Dabei sind Kriege, Wirtschaftsimperialismus und der Klimawandel die wesentlichen Indikatoren für globale Fluchtbewegungen. Hilfe vor Ort ist nur in friedlichen Gebieten nachhaltig möglich.

Verschiedene Kulturen, religiöser Fundamentalismus, insbesondere der politische Islam, sind mitunter harte Bewährungsproben für unsere Demokratie und das Zusammenleben einer Gesellschaft. In einer aufgeklärten Welt, wie bei uns in Österreich, ist Religion Privatsache und nicht der Spielball für Demagogie und Abschottung. Parallelgesellschaften sind mit allen rechtsstaatlichen Mittel zu bekämpfen. Ein selbstbestimmtes Leben ist nur unter Einhaltung unserer Gesetze möglich. Die Demokratie hat Regeln, die für alle Bewohner eines Staates gelten müssen!

Für eine starke Sozialdemokratie!
Die Sozialdemokratie wurde vor 130 Jahren in Hainfeld gegründet, um für die entrechteten und lohnabhängigen, arbeitenden Menschen ihre persönliche Freiheit zu erwirken. Unter Victor Adler, unserem Parteigründer, der mit dem Einigungsparteitag zwischen Sozialdemokraten und revolutionären Sozialisten den Zusammenhalt in der Bewegung ermöglichte, muss auch im 21. Jahrhundert wieder eine fortschrittliche Bewegung entstehen. Denn nur: „Wer zusammenhält, GEWINNT!“

Mein Urgroßonkel Franz Laimer war als einfacher Arbeiter ein St. Pöltner Delegierter des Hainfelder Parteitages – und darauf bin ich sehr, sehr stolz!

Es lebe die Republik Österreich! Es lebe die soziale Demokratie!