Mein Leserbrief an die Wiener Zeitung
Über eine „verwundete“ Republik, ÖVP-Spins und problematische Medienarbeit
Am 25. Oktober 2021 sind österreichische Einsatzkräfte – u.a. mit einem Black Hawk-Hubschrauber des Bundesheeres – im Rax-Waldgebiet damit beschäftigt, einen Brand unter Kontrolle zu bringen. Schon damals zeichnet sich ab, dass sich der Waldbrand flächenmäßig ausweiten könnte. Einen Tag später, am 26. Oktober, begeht die Republik ihren Nationalfeiertag.
Während im Wald die Feuer toben, schwingt sich die ÖVP-Verteidigungsministerin am Wiener Heldenplatz auf und stellt die Behauptung in den Raum, dass die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU nicht funktioniere. Zur selben Zeit weilt neben ihr – am Boden – ein flugtüchtiger Einsatzhubschrauber des Österreichischen Bundesheeres, ein Black Hawk, der jedoch dringend bei der Brandbekämpfung benötigt wird. Doch anstatt den Hubschrauber den mutigen Einsatzkräften in Niederösterreich zur Verfügung zu stellen, wird dieser zu Show-Zwecken in der Inneren Stadt abgestellt.
Derweil spitzt sich die Lage im Krisengebiet weiter dramatisch zu, sodass ausländische Flugzeuge und Hubschrauber zur Unterstützung nach Österreich angefordert werden, um dem gefährlichen Waldbrand Paroli zu bieten. Soviel zum vermeintlichen Versagen der EU-Sicherheitspolitik.
Nachdem ich in meiner Funktion als Abgeordneter und Wehrsprecher auf das verfehlte Krisenmanagement und die unreflektierte EU-Kritik von Klaudia Tanner hinweisen musste, wurde ein „Abwehrmechanismus“ in Gang gesetzt, der jede Sachlichkeit vermissen lässt.
So wird ein Twitter-affiner Ministeriumssprecher von der Ministerin vorgeschickt, um die Schuld ihres suboptimalen Krisenmanagements ihren „roten“ Vorgängern in die Schuhe zu schieben. In einem Tweet des Besagten heißt es: "Bereits 2013 hätte die „Black Hawk“-Flotte Stück für Stück modernisiert werden sollen. Doch das rund 40 Millionen Euro teure Projekt wurde immer wieder verschoben." Wer dafür die Verantwortung trägt, wird später auch namentlich gemacht: die sozialdemokratischen Ex-SPÖ-Minister Norbert Darabos und Gerald Klug. Es soll vermutlich der Eindruck bei der Bevölkerung erweckt werden, dass die SPÖ für den aktuellen Brand auf der Rax verantwortlich sei.
In den Abwehrkampf rückte auch ein Journalist, der die Worte des Ministeriumssprechers offensichtlich in Teilen für bare Münze genommen und den Spin der Schuldumkehr zu Papier gebracht hat. „Es ist richtig, dass derzeit nur zwei Black Hawks des Österreichischen Bundesheeres einsatzbereit sind, […]. Die notwendigen Modernisierungen, bereits 2013 fällig, wurden allerdings vom damaligen SPÖ-Verteidigungsminister Gerald Klug nicht durchgeführt“.
Ein klein wenig Recherche oder ein Anruf bei mir hätten gereicht, um zu einer objektiveren Berichterstattung zu verhelfen. Zur Klarstellung möchte ich nachfolgende vier Punkte anführen, um der Wahrheit ihren verdienten Platz einzuräumen:
Punkt 1: Es ist unwahr, dass die Modernisierung der Black Hawk von SPÖ-Verteidigungsminister Klug nicht durchgeführt wurde. Im Zuge des Reformprogramms „ÖBH2018“ wurde bereits 2014 durch Klug und Finanzminister Schelling (ÖVP) aufgrund des notwendigen Bedarfs eines Upgrades die Finanzierung der Black Hawks ab 2016 vereinbart.
Punkt 2: SPÖ-Verteidigungsminister Doskozil war jener Verantwortungsträger, der 2017 den Vertrag für das „Midlife-Update“ der Black Hawk-Hubschrauber unterzeichnet hat. Also keine Spur davon, dass die SPÖ die Modernisierung verschleppt hat.
Punkt 3: Die Finanzierung der Nachbeschaffung von Hubschraubern als Ersatz für die Allouette wurde durch Verteidigungsminister Klug im Rahmen von „ÖBH2018“ mit Finanzminister Schelling erfolgreich verhandelt. Der entsprechende Ministerratsbeschluss wurde später durch Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) 2018 eingebracht.
Punkt 4: Eine Nachbestellung von Hubschraubern ist zwar verhandelt worden, aber es ist bislang noch immer nicht zu einem Vertragsabschluss gekommen, den ÖVP-Ministerin Tanner längst in Gang setzen hätte können. Und so gibt es für die aussortierten Hubschrauber keinen Ersatz. Diesen Umstand lässt man elegant unter den Tisch fallen.
An dieser Stelle soll nicht unerwähnt bleiben, welche Partei in den letzten zwei Jahrzehnten den Finanzminister stellte – und damit Herr über das Budgetvolumen des Österreichischen Bundesheeres war. Es war die ÖVP.
Anstatt die Kritik ernst zu nehmen, auf die aufgeworfene Problemstellung inhaltlich einzugehen und die Lehren aus den Verfehlungen zu ziehen, wird über unterschiedliche Kanäle der Versuch unternommen mit Unwahrheiten zu operieren. Das jedoch wird die Sicherheit der Republik Österreich und den Schutz der Bevölkerung nicht erhöhen.
Bildmaterial: Screen-Shot WIENER ZEITUNG